Blog 02. Frohe Weihnachten

“Der Klang der Stille”

Es war der 23. Dezember, und in einer kleinen Wohnung am Rande der Stadt saß Hannah auf ihrem Sofa. Die Vorhänge waren zugezogen, das Licht gedämpft. Weihnachtslieder liefen leise im Radio, aber sie klangen für Hannah wie aus einer anderen Welt.

Seit Monaten hatte sie mit einer dunklen Wolke in ihrem Inneren gekämpft. Die Tage verschwammen ineinander, und die Energie, das Leben zu feiern, war ihr abhandengekommen. Freunde hatten sich zurückgezogen, weil sie nicht wussten, wie sie mit ihrer Traurigkeit umgehen sollten.

Doch dann klingelte es an der Tür.

Hannah zögerte. Sie erwartete niemanden. Als sie schließlich öffnete, stand ihre Nachbarin Klara da, eine ältere Dame mit einem Korb in der Hand.

„Ich wollte nur sehen, ob Sie zu Hause sind“, sagte Klara mit einem Lächeln. „Ich habe etwas Suppe gemacht. Zu viel für mich allein.“

Hannah wollte höflich ablehnen, doch Klara schob sich ohne zu fragen an ihr vorbei. Sie stellte den Korb auf den Tisch und zog einen dampfenden Topf heraus.

„Wissen Sie, Weihnachten ist am schönsten, wenn man es teilt“, sagte Klara und begann, zwei Teller zu füllen.

Hannah fühlte sich unwohl. Sie hatte Klara kaum gekannt, obwohl sie schon seit Jahren Tür an Tür wohnten. Doch es war etwas an Klaras unaufdringlicher Art – sie fragte nichts, kommentierte nichts, war einfach da.

Die beiden aßen schweigend, bis Klara plötzlich sagte: „Ich weiß, wie es ist, wenn alles zu schwer wird. Nach dem Tod meines Mannes dachte ich, ich würde die Stille nie mehr ertragen.“

Hannah schaute überrascht auf. Zum ersten Mal seit Wochen spürte sie, dass jemand sie wirklich verstand, ohne Worte, ohne Erklärungen.

Am nächsten Tag klingelte Klara wieder, diesmal mit einem Stapel alter Weihnachtskarten. „Ich dachte, wir könnten sie zusammen durchsehen und ein paar an die Nachbarn schreiben. Manche sind genauso allein wie wir.“

Hannah zögerte, doch dann setzte sie sich zu Klara. Sie schrieben Karten, lachten über alte Motive und erinnerten sich an Weihnachtsgeschichten aus ihrer Kindheit.

Am Abend des 24. Dezember saßen sie schließlich mit drei anderen Nachbarn zusammen, die sie mit ihren Karten erreicht hatten. Sie hatten keine prachtvolle Feier, nur Tee, Kekse und Kerzen. Doch die Wärme, die sie miteinander teilten, durchbrach die Kälte in Hannahs Herzen.

Es war kein Heilmittel für alles, was sie durchmachte. Aber es war ein Anfang – ein Moment, in dem sie spürte, dass sie nicht allein war.

Und während die Kerzen flackerten und leises Lachen die Wohnung erfüllte, dachte Hannah: Vielleicht ist das wahre Geschenk an Weihnachten nicht, was wir geben oder bekommen, sondern die Menschen, die da sind, wenn die Stille unerträglich wird.

In diesen besonderen und teilweise schweren Zeiten wünsche ich allen ein Herz voller Licht, das nicht nur eure Wege erhellt, sondern auch das Leben anderer. Möge Weihnachten uns daran erinnern, dass kleine Gesten der Liebe die größten Wunder vollbringen können. Frohe Weihnachten!

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